Zuckmantler Sitten und Bräuche

Fum Wenchenkoaren1) bäss zem Zäujōnk2)

(Aus der Vorweihnachtszeit bis zum Neujahr)


Das Wenchenkoaren

Neuen Wein probieren – war das Schlagwort der frühen Vorweihnachtszeit. Zu dem Zeitpunkt waren 4 Jugendgruppen – in etwa nach dem Alter gestaffelt – in Zuckmantel aktiv. Der Most war schirpsich3) und hatte einen besonders tückischen Reiz. Wenchenkoaren hieß auch, sich ein „Lokal“ zu suchen, ein Abendessen von den Frauen bezahlt und vorbereitet, genießen – z.B. jebreaden Flīsch mätt jeruest Kåmpest 4). Die Burschen brachten jeder etwas Mōst5) oder Löjer6) mit. Anschließend wurden die Tische weggeräumt und es wurde getanzt, beispielsweise der Manierscher Dōnz7) auf von Zigeunern gespielte Musik. Das „Siebenbürgenlied“, „Und wer im Januar geboren ist“, „Es sah ein Knab‘ ein Röslein steh’n“ und andere schöne Volkslieder wurden zum Besten gegeben. Singspiele, wie: „Es ging eins lustig an der Hand“ oder „Das Wandern ist des Müllers Lust“ prägten den Verlauf des Abends. Åffensprånjen8) gehörten als weitere Ausgelassenheit dazu. Gefeiert wurde bis in die frühen Morgenstunden. Die Erlebnisse dieser Nacht boten im Nachhinein noch für lange Zeit Gesprächstoff. Später ersetzte der Kåtrenjeball9) diese schöne Gepflogenheit.


Der Totensonntag

Die Gräber wurden schon am Vortag mit Blumen geschmückt und der Gottesdienst am Sonntag stand ganz im Zeichen des Gedenkens an die Toten – die Adventszeit war spürbar näher gerückt.


Die Adventszeit

Mit der Adventszeit begann auch die Vorbereitungszeit für Weihnachten. Diese Zeit stand, unmittelbar nach dem Krieg, ganz im Zeichen der Armut. Mehl, Nüsse und äpfel wurden schon Monate vorher für diese Zeit aufgespart.

Die Freuden für die Kinder begannen mit dem 6. Dezember, dem Nikolaus-Tag. Sie mussten ihre Schuhe blitzblank putzen und wenn sie brav waren, tat der Nikolaus über Nacht jeweils einen Apfel, der mit Hartgold gespickt war, in die Schuhe der Kinder. Zu den schlechten Kindern kam er mit der Räut zerr Kőpp arän10).

äpfel und Nüsse bestimmten auch späterhin das Geschehen. Nüsse wurden mit Jūltbrônz11) eingelassen und dienten mit Weihnachtsbaumketten aus Påtztürkeschkoaren12), selbstgebackenen Keksen, aus Stroh gebastelten Sternen oder Tieren, Pappachern e-us jedårrten Pelsen13) oder Zådderndeaken14) als Christbaumschmuck.

Nicht nur der Schmuck des Weihnachtsbaumes war im Nachkriegsjahr ein Problem, sondern auch der Baum selber. Tannen durfte man nicht abholzen; wenn überhaupt nur Fichten oder man bastelte den Weihnachtsbaum aus Bearenwånjd15). In der Kirche war bis auf ein Jahr immer ein Christbaum. Er wurde aus dem Kirchenwald im Honeftel16) geholt. Der Weihnachtsbaum war von der Regierung offiziell nicht gestattet, sondern nur als Neujahrsbaum zu Neujahr toleriert.

Zu den Vorbereitungen gehörte auch das Backen. Palekesbruet17) oder Mahle mit Rahm oder Eiern und öl oder etwas Zibri18), soweit vorhanden, waren das Höchste der Gefühle.

Auch die Kleidung war dementsprechend schlicht und einfach. Die Leute haben Jōren jespånnen, Jōren jefarft uch Pendälcher uch Hoasen jewirkt19). Se stäunden wäj de Büssen20). Am schnitt sich det Anjderhämd ō, dōt wått em hått jedrean, dått em farr de Känjd äst wīchet hått, åwer an Gåtchenfösslenk21). Die Männer trugen zum Kirchgang den Kirchenpelz, soweit er während der Kriegswirren nicht gestohlen worden war. Die Frauen trugen schwarze und schlichte Kleidung und das Jrues Däuch22), oder einen Mantel, falls vorhanden.

Am zweiten und dritten Advent war das Abendmahl. Zu dieser Zeit etwa gingen die 8 Neabermôtteranen23), jeweils 2 von einer Neaberscheft24),  in ihrer Neaberscheft für Weihnachten sammeln. Gesammelt wurden: äpfel, Nüsse, Mehl und Geld. In etwa 8 Tagen vor Weihnachten wurden zer Framôtter25) Kekse gebacken, die zum Schmücken des Weihnachtsbaumes in der Kirche und für die Pakete zur Bescherung an Heiligabend hergenommen wurden.

Die Adventszeit war natürlich auch in religiöser Hinsicht eine Vorbereitungszeit für Weihnachten. Während der Adventswochen fanden auf dem Pfarrhof Bibelstunden statt, in denen das Beten und Kirchenlieder gelernt wurden.

Die Vorweihnachtszeit des Jahres 1945 war natürlich die schlimmste Zeit: „Diejenigen, die nicht geflüchtet waren, hatten 1945 zum größten Teil einen Weihnachtsbraten; die im Juni 1945 zurückkehrten, konnten sich bis Weihnachten eine Kleinigkeit anschaffen, die im November 1945 zurückkehrten, hatten keine Fenster mehr im Haus – geschweige denn einen Weihnachtsbraten.“ „Als einige Zuckmantler nach Seligenstadt gingen, um den wenig übrig gebliebenen Wein zu verkaufen, da hatten sie noch nichts zum Schlachten.“

In den nachfolgenden Jahren haben sich die meisten Zuckmantler Sachsen durch viel Arbeit und Fleiß ein Schwein halten können, das als Grundlage notwendig war, um unter anderem ihrem Spitznamen Bōflisch-Såchsen28) gerecht zu werden.


Schwenj-Odäuen

Das Schwenj-Odäuen29) war ein für den Gaumen freudiges Ereignis, das sich zeitlich auf ein bis zwei Wochen vor Weihnachten festlegen lässt. Zwischen 100 und 150 kg brachte ein Schwein auf die Waage, bis es vom Odäuer30) jestōchen31) wurde. Ihm standen Gehilfen zur Verfügung, die der Schweinebesitzer stellte. Zuerst wurde den Anwesenden Pelsepāle mätt jebēt Bruet åwer Glüwenj32) gereicht. Nun ging man gestärkt ans Werk. Dett Schwenj wôrd änd Harz jestōchen uch dett Bläud åffjefôngen. Uschlőssend mätt Strüe jesônjt, än der Mäuelt mätt hīßem Wåsser jebōt uch zerklīt33).

Beim Zerkleinern des Schweins wurde vorerst grob zwischen Fleisch und Speck unterschieden. Es wurden zwei Schôfer34) unten mit Reisig ausgelegt, damit sich die Flüssigkeit am Boden des Fasses sammeln konnte. In den so vorbereiteten Holzfässern wurden Fleisch und Speck getrennt zwischengelagert.

Es war inzwischen Mittag geworden und natürlich gab es frisches Fleisch; Najebreaden mätt Palekes uch Kåmpest35) oder Flaken mätt Knoawlenk36) und dazu einen Heurigen. Am Nachmittag ging die Verarbeitung weiter. Die großen Därme wurden gewaschen, die dünnen mit dem Messerrücken gekratzt. Das Bālekråtzen37) war eine Geduldsache.

Zur Herstellung der Kōchwurscht38) wurde Leawer, Lang, Näjercher uch Hārz39) gekocht, gemahlen und in die Dickdärme gefüllt. Diese wurden aufgekocht und in ein Főlpes mätt Strüe40) zum Trocknen gelegt.

Die Bläutwurscht41) wurde aus Bläut, Schmear uch dem Jestőpp42) gefertigt, das zusammen gemahlen, in dünne Därme gefüllt und aufgekocht wurde.

Eine weitere Gaumenfreude war die Breadewurscht43). Das beim Zerkleinern anfallende Kleinfleisch wurde gemahlen, gepfeffert, gesalzen und mit Knoblauch versehen in dünne Därme gefüllt und 24 Stunden auf dem Klőppel44) zum Trocknen aufgehängt.

Zur Herstellung der Presswurst wurde das Schärrelhüft45) und die Kannbåckcher46) gekocht, klein geschnitten, in den gereinigten Magen eingefüllt, aufgekocht und zwischen zwei Brettern, mit einem Stein beschwert, gepresst.

Am Abend wurde Kri-enlāwend47) mit Blutwurst, Hirn und klein geschnittenem Fleisch gekocht und dazu gab es Heurigen.

Der Ōdäuer erhielt den Najebreaden, das Essen und das Trinken und ein „Soai bedōnkt“48).

Am darauf folgenden Tag wurden die Kinder mit dem Najebreaden zu den Verwandten geschickt. Vollständigkeitshalber sei noch folgendes erwähnt: Nach acht Tagen wurde ein Teil vom Fleisch gebraten und zur Konservierung in Einmachgläser gelegt und mit Fett übergossen; dies geschah auch mit einem Teil der Bratwurst. Der andere Teil des Fleisches wurde geräuchert, z.B. det Rőpp49) und die Marbrētcher50), die vier kleinen Hemmcher51), die zwei großen Hemmcher und die zwei Schunken52). Nach drei Wochen war der Speck zur Weiterverarbeitung an der Reihe. Der dünne Bauchspeck wurde kräftig mit Paprika gewürzt, mit Jőch üwerbrőjt53) und geräuchert. Der dicke Speck wurde in die Kummer54) gehängt und bis zum Verzehr aufbewahrt.

 


Schweineschlachten (Odäuen) im Jahre 1935

bei Sara Müller, geb. Wagner, Haus-Nr. 92

V.l.n.r.: Johann Schuller (Schuller Hanzi, Haus-Nr. 132), kniend Michael Kramer (Pieter Miki, Haus-Nr. 65), Susi Müller (Frau von Stefan Müller, Stipa Stefan, wohnte in Tirgu-Jiu), dahinter Johann Bell (Kristan, Haus-Nr. 96), Sara Müller (Wogner Zuri, Haus-Nr. 92) vor ihr Michael Müller (Stipa Miki, Haus-Nr. 92), dahinter Michael Funtsch (Funtschen Miki, wohnte in Bukarest), Peter Kramer (Krestel Peter, Haus-Nr. 167),  Helmine Krauss (Krestel Mini, Haus-Nr. 167), daneben Elsa oder Katharina Müller (Kadar Elsa oder Kathi, Haus-Nr. 109), dahinter Georg Schuller (Orjenisten Jorch, Haus-Nr. 93), Johann Müller (Kadar Hanzi, Haus-Nr. 109), Michael Müller sen. (Stipa Miki, Haus-Nr. 92), Maria Müller (Kristananchen, Haus-Nr. 92), dahinter Martin Müller (Stipa Martin, wohnte in Bukarest), davor Maria Switalski (Stipa Mitzi, Haus-Nr. 92).

 

  1. Bei den angegebenen Hausnummern handelt es sich um die des Jahres 1944.

 

Die Pårt55) und der Lüchtert56)

Die Vorbereitung für die Pårt fiel auch in die Vorweihnachtszeit. Es war für Kind und Eltern eine Ehre dranzusein – nicht jeder des gleichen Jahrgangs kam dran. Zwei Jungen und zwei Mädchen aus den Reihen der Konfirmanden wurden vom Pfarrer dazu bestimmt. Die dafür vorgesehenen Jungen teilten sich durch Wahl die restlichen Burschen auf; die Mädchen verfuhren ebenso. Für die Wahl war die Singeskunst entscheidend. Um den Lüchtert binden zu können, gingen die jeweiligen Pårten57) mit den Eltern des Pårtenkindes59) in den Wald, Bearewånjd zu pflücken, z.B. aindern Läimpesch58). Das geschah ca. 14 Tage vor Weihnachten. Es wurden Sträußchen gebildet und diese auf die Quātsch60) mit dem Wurzelwerk nach innen aufgeschlichtet. Anschließend wurde ein Feuer gemacht und Bōflisch jebreaden61), womit die Kinder beköstigt wurden. Nach dieser Stärkung wurden die Quātschen mit Bändern geschmückt und singend nach Hause getragen. Das machten alle vier Pårten. Die Mädchen benötigten für ihren Lüchtert drei Quātschen und ein Főlpes63) Bearewånjd und die Jungen zwei Quātschen.

Der Lüchtert der Mädchen bestand aus: Reaken, zwien Rīf, Kåppchern, Siwejestern64) und einer sieben Meter langen Schlôdder65), wobei die Jungen an ihrem Lüchtert drői Rīfen66) und keine Schlôdder hatten. Das Skelett, also die vorhin aufgezählten Einzelteile des Lüchters, bestanden bis auf die Schlôdder, die aus einem Seil gefertigt wurde, aus Holz und wurden am letzten Advent mit Bearewånjd eingebunden. Dazu gingen die einzelnen Pårten zu den Pårteneltern67) zum Lüchtertbånjen68). Die Kinder brachten je zwei Kerzen mit, die für den Lüchtert bestimmt waren. Nun war es ihre Aufgabe, die Bearewånjd zu zerrupfen, kleine Sträußchen zu formen und sie den Helferinnen, die den Lüchtert banden, zuzureichen. Es wurden auch Påppelcher69) in die Kåppcher des Lüchterts mit eingebunden. Danach wurde Gebäck und Most gereicht. Die Pårt, die als erste fertig war, ging zur anderen mit dem Schőßhummer70) anschießen. Nach Fertigstellung wurde der Lüchtert im kühlen Keller aufbewahrt, bis er an Heiligabend beim Vēsperlődden71) in die Kirche gebracht wurde, wo er bis Neujahr bleiben sollte. Der Lüchtert der ersten Jangenpårt72) kam aufs Kneachtjebäit73) ganz nach vorne, der von der zweiten Jangenpårt ganz vorne aufs Mônzjebäit74); der erste Mēdchenlüchtert75) vorne neben die Liedertafel und der zweite wurde in den mittleren Zwischengang, auf derselben Seite, gestellt. Damit waren die Weihnachtsvorbereitungen bezüglich des Lüchters abgeschlossen und alle Kinder warteten gespannt auf die Frühkirche des ersten Weihnachtstages.


 

Brot backen

Nachdem die Neabermôtterānen, die Presbiterān und die Kuratorān in den Tagen vor Heiligaben den Christbaum in der Kirche geschmückt hatten und der Weihnachtsbaum daheim vielleicht auch schon fertig war, blieb nur noch der eifrigen Hausfrau die Arbeit – auch für den Chrästsånneawend76), z.B. das Backen.

 Am Vorabend wurde der Åffjōnk77) in der Mäuelt79) gemacht; dazu gab man etwas Dīsem79) und etwas Zeich80) hinzu und nun konnte das Mehl in etwa bis zur Hälfte der Mäuelt äjezeamest81) werden. Anschließend wurde das Ganze zugedeckt, damit es bis in der Früh åffjean82) konnte.

Am Krästsånneawend in der Früh wurde jeknädden83) mit Salz, Wasser und etwas  jekōcht Eardnőss84) als zusätzliche Beigaben.

Nun wurde im Backofen Feuer gemacht; drei Bőrtcher85) benötigte man dazu. Mit der Kearräut86) wurde das brennende Kleinholz verteilt, um eine gleichmäßige Erwärmung zu erreichen. Nachdem das Holz abgebrannt war, wurden die Kohlen mit dem Oavenkēßel87) in den Båckoavenfőnjt88) gezogen und der Backofen mit dem nassen Oavenwősch89) gekehrt.

Ǻff de Bőtt wôrt de Mäuelt eusjeschått, det Bruet mätt awenich Meal jewirkt90) und mit dem Oavenschőssel91) in den vorbereiteten Backofen änejeschusst92). Das Bruet93) wurde nach eineinhalb Stunden jeräuckt94). Nun wurde die Mäuelt mit dem Schierel95) sauber ausgekratzt; aus dem Teigrest das Klīn-Brüetchen96) geformt und auch in den Backofen geschoben. Der allerletzte Rest des Teiges kam mit Salz versehen als Dīsem ins Dīsemdőppchen97) und wurde fürs nächste Backen in die Kummer gestellt. Nach zwei Stunden Backzeit wurde das Brot mit dem Oavenschőssel gewonnen, die schwarze Kruste mit dem Bruetmēßer98) abgeklopft und mit dem Kri-enejsen jelatt jerôpscht99). Danach wurde das Brot in die sauber gemachte Mäuelt gelegt, mit dem Mäueltdäuch100) zugedeckt und in den Keller getragen. Das Klīn-Brüetchen kam gleich zum Verzehr. Am nächsten Tag wurde das Brot auf die Bruet-rumm101) im Keller eingeräumt.

Aber bleiben wir noch beim warmen Backofen. Nach erneutem, kurzem Aufheizen wurde Sträzel102), Jreßbēltschen103) und Rūmhōnklich104) auf dem Båckoawen-Earen105) gebacken. Anschließend, nach Fertigstellung dieser Köstlichkeiten wurde jefallt Krött mätt Hemmchen uch Bōflisch äm Kôrôndi-Dőppen106) für den zweiten Weihnachtsfeiertag äjedean107).

Wenn der Hausfrau noch Zeit blieb, scheuerte sie die Fußböden, insofern sie es nicht bereits am Vortag erledigt hatte, bevor sie sich zum Kirchgang an Heiligabend fertig machen konnte.


 

Chrästsånneawend

An Heiligabend, vor dem Kirchgang äm Schömmern108), gingen die Kneacht109), also die Bräuderscheft110) auf den Keapen111) und machten ein riesiges Feuer. Sie warfen mit Brōnt112) und sangen „Lobt Gott ihr Christen freuet euch…“ und „Er kommt, der kommt, er starke Held…“. Als zum ersten Mal geläutet wurde, ging die Kirchengemeinde auf den Friedhof und zündete auf den Gräbern Kerzen an und danach ging man in die Kirche. Während des Gottesdienstes wurden typische Weihnachtslieder gesungen: „Ihr Kinderlein kommet…“, „Kling, Glöckchen, klinge-linge-ling..“, „Leise rieselt der Schnee…“ und „Oh du fröhliche, oh du selige…“. Kinder trugen Gedichte vor – als Höhepunkt das Krippenspiel, von den Kindern der Gemeinde aufgeführt.

Die Predigt stand ganz im Zeichen der Weihnacht und dann kam als krönender Abschluss die Bescherung der Kinder entsprechend den Vorbereitungen.

Anschließend zu Hause, im engsten Familienkreis, die Bescherung – vielleicht ein Kleidungsstück von der Mutter aus Resten oder alten Sachen genäht, äpfel, Nüsse und Kekse, oder eventuell ein paar Bonbons, in späteren Jahren. Die Eltern erhielten von den Kindern selbst gebastelte Geschenke – auf jeden Fall viel bescheidenere Geschenke als heute.

Dementsprechend auch das Kindergebet an den Weihnachtsmann:

Lieber guter Christmann,

hör mich ein wenig ruhig an,

ich will ein gutes Christkind sein,

schütt‘ mir nur viel äpfel und Nüsse herein!“

 

Danach ging man zur Frőnjscheft113) Weihnachtsmann spielen: Mit Glocke, einem Hanfbart und einem Sack.

Um 02.00 Uhr läutete man Dōchkleak114).

Die Burschen und Mädchen feierten Chrästnōcht115); die Mädchen gingen eher nach Hause, die Jungen machten durch bis in der Früh und gingen dann zum Usånjen116) und Uschőssen117) mit Liedern, wie: „Ich ging an meines Liebchens Tür …“, „Schlaf ein mein kleines Mädchen, wenn am Himmelszelt die Sterne stehen …“ und „Frühmorgens, wenn die Hähne kräh’n“. Den Burschen wurden Getränke gereicht. Es war mittlerweile der 1. Weihnachtsfeiertag.


 

Der ierscht Chrästdôch

Der 1. Weihnachtsfeiertag begann mit der Frühkirche um 06.00 Uhr. Die Pårten sangen abwechselnd die Strophen folgender Lieder: Die Mädchen „Wie soll ich dich empfangen …“ und die Burschen „Lobt Gott ihr Christen freuet euch …“, wobei die Gemeinde vom letztgenannten Lied den letzten Teil der Strophe wiederholte. Die Kerzen auf dem Lüchtert brannten wie während jedes Gottesdienstes der Weihnachtszeit. Der Festgottesdienst fand um 10.00 Uhr statt. Auf dem Kirchturm spielten die Ajewanten118); „Wie schön strahlt uns der Morgenstern …“ und „Lobt Gott ihr Christen freuet euch …“; neben der Orgel, vor dem Verlassen der Kirche, das Stück Puernatus119) und nach dem Gottesdienst foar des Fårr ärjem120) Polka und Walzer.

Mittags dann das Festessen: Hühnersuppe mit selbst gemachten Nudeln, Hühnerfleisch mit Kartoffelpüree und Tomatensoße. Am späten Nachmittag oder am Abend ging man ze den Franjd än de Jåss, am ze arzealen oder am Kōrteln ze spillen. Ǻffjedőscht121) wurde Sträzel, Jreßhōnklich uch Wenj122).


 

Der zwēt Chrästdôch

Am 2. Weihnachtsfeiertag fand der Festgottesdienst ebenso um 10.00 Uhr statt. Zum Mittagessen gab es jefallt Krőtt. Am Abend des 2. Weihnachtsfeiertages wurde im Gemeindesaal ein Programm veranstaltet – ein Programm, das heißt ein sächsisches Theater einstudiert und vorgeführt von der Jugend und anschließend ein Tanz der Sősterscheft123). De Frāuen seaßen amaränjk, de Jugend dōnzt124). Die Tanzveranstaltung wurde von den Behörden im Zusammenhang mit dem Theater erlaubt. Die Musikanten wurden von außerhalb geholt und außer dem Jahr 1945 fanden Veranstaltungen dieser Art jährlich statt.


 

Der lēzt Chrästdôch

Der 3. Weihnachtsfeiertag rundete das ganze Weihnachtsfest ab. Die Kirche fand wie gewöhnlich um 10.00 Uhr statt. Gegessen wurde üwrichbliwānet125) und am Abend eventuell noch ein Verwandtenbesuch mit Gespräch und Kartenspiel, Gebäck und Wein.


 

Jearschtnōcht

Am 31. Dezember liefen die Vorbereitungen für die Silvesterfeier (Jearschnōcht) auf Hochtouren. Das „Lokal“ wurde hergerichtet, Tische und Stühle zusammengetragen und das Essen und die Getränke vorbereitet. Gefeiert wurde komratewejß126) oder krinzjewejß127), eben so wäj am än de Jåss jeng128), d.h. drei bis vier Jahrgänge zusammen.

Für die Musik sorgte ein Plattenspieler oder der Jānosch, Peter, Ǻlbi und Punka129) musizierten.

Von 23.30 Uhr bis 00.30 Uhr wurde durchgehend geläutet. Von 23.30 Uhr bis 00.00 Uhr mit der großen Glocke und von 00.00 Uhr bis 00.30 Uhr mit beiden Glocken – also Zesummenlödden130). Mit dem Schősshummer131) wurde zum Jahreswechsel geschossen. Vor 00.00 Uhr kroch man auf den Tisch und sprang in den Graben. Gefeiert wurde bis in die frühen Morgenstunden und die Burschen gingen in der Früh, soweit sie noch fähig waren, zu den Mädchen zum Uschőssen und erhielten etwas zu trinken. 06.00 Uhr Frühkirche und 10.00 Uhr Hauptgottesdienst standen auf der Tagesordnung des 1. Januar.


 

 

Jearschdôch

Am Neujahrstag war Jőchwīchpert132) als Katergericht die gefragteste Speise, zumindest von denjenigen, die ausgelassen gefeiert hatten. Des weiteren standen Kôld Schőssel133) und Breadewurscht auf dem Speiseplan.

Nach dem Mittagessen kamen die Kinder zu ihren Taufpaten, Verwandten und Freunden der Eltern zum Wőntschen134). Verse wie: „Ech wőntschen ich an juldan Dőschchen, åff am jēden Aak an jebreaden Főschchen, än der Märelt a Liter Wenj, mätt däm sőllt er låstig sen“135), waren von vielen Lühfen136) zu hören. Jedårrt Pelsen137), Nőßcher138), jedårrt Apelstőcker139) und seltener Käks140) oder awenich Jelt141) wurden in den Nachkriegsjahren den Kindern in die mitgeführten Taschen gefüllt.

Am Nachmittag des Neujahrestages fand der Zäujōnk statt. Auf diesen wird im folgenden Abschnitt genauer eingegangen. Der Gang auf den Friedhof, Kerzen anzünden und die Abendkirche beendeten den Neujahrstag.


 

Zäujōnk

Auf dem Zäujōnk wurde von der Jugend Rechenschaft über ihr Benehmen abgelegt. Zu diesem Zwecke wurden von der Kirchenvertretung, einmal im Jahr, ein Mēdevōter142) und ein Kneachtvōter143) bestimmt.

Am Beispiel der Sősterscheft soll das Angesprochene näher erläutert werden: Der Medevōter ließ alle Sőstern144) zu sich rufen und sie wählten gemeinsam eine Oldmēt145), Jangoldmēt146) und eine Ǻffsichteran147). Die Ǻffsichteran war dazu bestimmt, über den Kirchgang der Sősterscheft Buch zu führen; wenn eine in der Kirche unentschuldigt fehlte, wenn zwei sich während des Gottesdienstes unterhielten, wenn die Kirche nicht sauber geputzt wurde oder wenn eine Sőster unentschuldigt einem Begräbnis fernblieb, kam all das beim Zäujōnk zur Sprache und wurde finanziell bestraft. Die Oldmēt und die Jangoldmēt hatten die Aufgabe, die Jejer148) oder die Musikanten für die Tanzfeste zu bestellen und die Sőstern einzuteilen, die für die Musikanten kochen mussten; die Ordnung in den Reihen der Sősterscheft war eine weitere Aufgabe der beiden Mēt149). Der Mēdevōter hielt ein wachsames Auge auf alle Sőstern. Der Zäujōnk fand viermal im Jahr statt und einmal davon am Neujahrstag.

Zur Eröffnung des Zäujōnks sagte die Ǻffsichteran folgendes: „Läjf Sőstern, ze īren sőllt ir bestemmt sen; er sőllt wässen, wi-e ich farhōnden äss – farhōnden äss ich āß läjf Mēdevōter uch Oldmēt. Däj hun ich nar amdōt zesummenjeroffen, wäj īn Sőster fun der ondern äst wīß, sōl sett enjzet ze arkennen jean, schwecht se åwer enjzet stall, sōl se uch häjrāmen stallschwejen, sőss wütt net däjjēnich bestreaft, däj strēflich äss, sanjdern däj īnt uch dōt onder ujit. E-u arluft sōl nemest readen, e-u arluft sōl nemest e-us senjer Stōt åffstean!“150) Darauf die Oldmēt: „Merkt ich dett Woart!“150).

Diejenigen, die sträflich waren, mussten das Geld in die Sősterscheftslōd151) einbezahlen, z.B. unentschuldigtes Fernbleiben vom Gottesdienst 20 Lei Strafe, ein Vespergottesdienst versäumt 5 Lei.

ähnlich verlief das Ganze auch bei der Bräuderscheft, wobei noch weitere ämter, die des Uliders152), Irtekneachts153) und Kallners154) bei der Bruderschaft hinzukamen. Der Ulīder hatte Sorge zu tragen, dass alle Sőstern einen Tanzpartner hatten. Er hat sie ujelit und ihr einen Burschen zum Tanze zugeführt. Er begleitete auch die Musiker zu den dazu bestimmten Sőstern zum Essen und wieder zurück in den Saal. Der Irtekneacht hatte für Stühle, Tische und die Organisation eines Tanzfestes Sorge zu tragen. Der Kallner musste die Musikanten mit Wein versorgen und ihnen saubere Gläser zur Verfügung stellen. Des Weiteren verteilte er den Wein, den die Burschen nach jedem Begräbnis für ihre Dienste erhielten. Er schickte die zwei jüngsten der Bruderschaft diesen zu holen.


 

Dett jrőnj Jear drean

Nach dem Zäujōnk kam die Vorstandschaft der Bräuderscheft zum Mēdevōter und holten den Vorstand der Sősterscheft ab. Sie gingen zusammen dett jrőnj Jear drean155). Jede dazu bestimmte Sőster hatte einen Teller, der mit einer in Handarbeit genähten Serviette ausgelegt war, voll mit schönen äpfeln vorbereitet. Man ging paarweise zu je einer der Obrigkeiten des Dorfes in folgender Zusammenstellung: Der Oldkneacht uch de Oldmēt zem Härr Fårr156), der Jangoldkneacht mätt der Jangoldmēt zem Hånnen157), der Ǻffsichter mätt der Ǻffsichteran zem Notarius158), der Ulīder mätt ar åjderen Mēt zem Kurator159), der Irtekneacht mätt ar åjderen Mēt zem Rekter160) und schließlich der Kallner mätt ar åjderen Mēt zer Liereran161). Sie wünschen: „An jelőklich naj Jear, mer brōnjen det jrőnj Jear162). Es war eine Ehrerweisung an die Obrigkeit und die Wünscher bekamen zu Essen, zu Trinken und etwas Geld.


 

Glaube und Aberglaube

Natürlich ist die besinnliche Zeit auch die Zeit, in der Glaube und Aberglaube am nächsten beieinander liegen. So waren Sprüche wie: „Ze Naj-jear nichen Heaneflīsch – de Heanen schärren e-ußanōnder -, sanjdern Schwenjeflīsch, um beßten Schwenjeschne-uß, well det Schwenj zesummenschärt“163) an der Tagesordnung.

Zwischen Neujahrstag und Heilige Drei Könige sagte man folgendes: „Fumm Jearschdōch bäß zem Jeschwoaranen-Sanjduch tőarschtem nichen Arbes ēßen, am bekēm Schwearen164).

Ob solche Sprüche als Aberglaube ernst genommen oder als Spaß belacht wurden – wer weiß es genau?


 

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Um schließlich doch einmal auf die Zeit unmittelbar vor Beginn, während und unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg zurückzukommen – diese Zeit war für die Menschen die schlimmste Zeit. Der Einzug der Deutschen Wehrmacht, der Krieg, die Verfolgung und Verschleppung der Zuckmantler waren maßgebende Ereignisse dieser Zeit. Sächsisches Brauchtum konnte nicht in der sonst gewohnten Art und Weise gepflegt werden. Gründe dafür: Die beschädigte Kirche, die zur Zwangsarbeit nach Russland verschleppten Leute, die Kriegsgefangenen und die Kriegstoten, Hunger und Elend – und wenn ich von Breadewurscht mätt äjelōchtem Kåmpest uch frőschem Bruet165) sprach, so meinte ich bestimmt nicht diese Zeit – eine Zeit, die vom Kampf ums überleben geprägt war.

Warum ich gerade diese Zeitspanne als Ziel meiner Betrachtungen wählte – das menschliche Gedächtnis ist gerade in extremen Situationen besonders aufnahmefähig und „meine“ Erzählerinnen sind in dieser Zeitspanne von folgenden zwei Extremen geprägt worden: Auf der einen Seite die furchtbaren Wirren des 2. Weltkrieges, auf der anderen Seite die intakte und intensiv erlebte Gemeinschaft mit all ihrer Vielfalt an Sitten und Bräuchen.

Die „Erzählung“ habe ich zweisprachig gehalten, damit gewisse sächsische Ausdrücke durch die übersetzung nicht verloren gehen und damit die Originalität des Erzählten nicht vollkommen zerstört wird, wobei ich sächsisch mit meinen schriftlichen Mitteln ausgedrückt habe.

Diese Zeitbetrachtung soll in erster Linie nicht das Elend der Zuckmantler in der Nachkriegszeit dokumentieren, sondern soll uns das, was in der Vorweihnachtszeit bis hin zum Neujahrstag Brauch und Sitte war, näher bringen – kann aber nur als subjektive Betrachtung gelten, da sie nach Erzählungen von nur sieben Zuckmantlerinnen jener Zeit entstand. Sie nimmt daher auch keineswegs in Anspruch vollständig und in jeder Beziehung 100prozentig korrekt zu sein, sondern sie soll Jugendliche wie mich informieren und die älteren erinnern an die Zeit – eine Zeit, die uns bevorsteht – die Weihnachtszeit.


 

Meinen herzlichen Dank an die Erzählerinnen!

 

Diese „Zeitchronik“ entstand nach Erzählungen von:

 

Maria Haydl                            – geb. am 17.03.19..                  1995????)

Maria Haydl                            – geb. am 07.11.1913

Sara Wirth                              – geb. am 31.08.1914

Sara Müller                             – geb. am 19.04.1917

Maria Müller                            – geb. am 08.08.1917

Katharina Kramer                  – geb. am 14.01.1918

Maria Kramer                         – geb. am 11.05.1920

 

Sie umfasst die 20-er Jahre (die Kinderjahre der Erzählerinnen) bis hin zu den 50-er Jahren, wobei die Zeitspanne von 1943 bis 1949 kriegsbedingt in ideeller, finanzieller und materieller Hinsicht als Ausnahmejahre betrachtet werden müssen.

 

Bericht von Harald Wester, Nürnberg

 

Dieser Bericht wurde der „Festschrift zum 3. Zuckmantler Treffen vom 17. – 19. Juni 1988“ entnommen.

 


 

Wie man früher in Zuckmantel Pfingsten feierte

 

Jahre kommen und vergehen, Erinnerungen werden wach. Es ist schon lange her, wo unsere Ahnen, wie auch wir, uns auf Pfingsten so freuten. Es war Sitte und auch Brauch, dass sowohl die Söhne als auch die Väter in den Wald gingen und den schönsten Baum, den sie fanden, fällten, um ihn einem Mädchen „aufzusetzen“. Mit dem Baum zogen einige dann heimwärts, die Last auf dem Rücken tragend, was manchmal doch zu schwer war. Andere fuhren mit dem Wagen, auf dem dann mehrere Jugendliche waren, in den Wald. Am Abend vor Pfingsten gingen dann Söhne und Väter mit dem Spaten in der Hand die Straße entlang, bis sie vor dem Haus standen, wohin der Maibaum aufgestellt werden sollte. Sie gruben ein tiefes Loch, stellten den Baum hinein: das sah so aus, als ob der Baum schon immer dort gestanden wäre. Die Kneacht machten für ihre Angebetete auch eine „Leuer“ (eine Laube aus Maibaumzweigen vom Gehweg bis zum Haustürchen). In der Leuer stand dann am Abend das Liebespärchen.

Sobald es am nächsten Morgen hell wurde, standen die Mädels vor dem Haus, um zu sehen, ob sie einen „Mehbuhm“ hätten oder nicht. So manche war enttäuscht, wenn vor ihrem Haus keiner stand. Einige Mädchen hatten manchmal bis zu drei Maibäumen, was die Mutter nicht besonders begeisterte, da sie genauso viele Sträuße binden musste, wie die Tochter Maibäume hatte. In das Sträußchen mussten rote Veilchen gebunden werden, diese waren aber knapp, so musste man oft zur Nachbarin gehen, und um ein paar Blümlein bitten. War der Strauß gebunden, ging das Mädchen damit zum Burschen, bedankte sich bei ihm und schenkte ihm den Strauß. Dauerte es dem Burschen zu lang bis er den Strauß erhielt, holte er ihn sich selber. Einmal fragte eine Mutter: „Martin, gefällt er dir, der Blumenstrauß?“ Martin antwortete: „Er könnte auch etwas schöner sein.“

Die Glocken läuteten, die Leute kamen in Tracht in die Kirche, wie war das schön. Blickte man zum Kirchturm hinauf, war der geschmückt mit Maibaumästen, ging man zur Kirchentür hinein, der Gang bis zum Altar ebenso. Wohin man sah, war die Kirche mit grünen ästen geschmückt. Die kleinen Buben in der ersten Reihe hielten fest den Strauß, rochen an den roten Veilchen; waren das schöne Zeiten!

War die Predigt zu Ende, sprach man das Gebet und sang das Ausgangslied: „Unsern Ausgang segne Gott“. Kamen die Jungen zu Hause an, liefen sie schnell zum Brunnen und hingen ihre Sträuße rein, damit diese frisch blieben für die folgenden Feiertage. Drei Sonntage hintereinander mussten die Mädchen den Jungen Sträuße binden.

Am zweiten Pfingsttag Nachmittag ging man zum Tanzen vor oder in den Saal. Die Mädchen hielten ein Myrtensträußchen in der Hand, warteten auf den Jungen und befestigten es auf der Brust an die Sonntagsjacke. Der erste Tanz gehörte ihm, das war der Ehrentanz.

Am dritten Pfingsttag ging es in den Wald, da war der erste Tanzplatz, den unsere Vorfahren gefunden haben. Es war im Jahre 1924 auf dem Jiesrech (Ziegenberg). Es gab einen Tanzplatz für Kinder und einen für die Jugend. Für viele, die am unteren Ende des Dorfes wohnten, war es ein weiter Weg bis ins Bordler Jeschen. Bei Maria Haydl (Stuck Mitzi) ging der steile Weg hinauf in den Wald auf dem Jiesrech.

Dann wurde ein zweiter Tanzplatz gesucht, den hat man im Jahre 1930 im Hierschel gefunden. Altknecht war zu der Zeit Michael Schuller (Vater von Willi Schuller). Der Hierschel war dann aber auch zu weit, so suchte man 1934 den dritten Tanzplatz. Der war nicht so weit vom Dorf, es war in den Tannen, off dem Keapen. Altknecht war Johann Haydl (Haido Hanzi), von der Krämer Malvine der Vater. Der Ulider (Organisator) war Michael Haydl (Palescher Micki off dem Plotz), der Vater von der Maria Haydl. Der war dann zuständig für Musik, das Wasser musste er in einem Weinfass hinausfahren, Wege und Tanzplätze für Jugendliche und Kinder mussten sauber sein. Schon vormittags am dritten Pfingsttag gingen alle Leute in die Tannen hinaus, unsere Eltern nahmen das Essen für den ganzen Tag mit. Es spielte die Musik zum ersten Tanz auf, aus dem Wald erklang das Echo bis hinunter in das Dorf. Bis zum Abend hat man getanzt, gelacht und auch gesungen, dann war das große Fest vorbei. Der letzte Tanz war auf dem Keapen 1950, daran kann ich mich noch erinnern. Damals spielte die Zuckmantler Blaskapelle.

 

Elisabeth Theil (Klīn Lisi), Nürnberg


 

Zur äsätzan jean

 

– Ein fast vergessener Brauch aus Zuckmantel –

 

Wenn ein Kind geboren wurde, freuten sich die Eltern und Verwandten. Schnell machte es die Runde „…hast du schon gehört? — Die Marichen — Zuri — Kathi, hat ein Kind!“ „Ist es ein Junge oder ein Mädchen? Wie wird es wohl heißen?“

Um die Freude über die geglückte Geburt zu bekunden oder manchmal vielleicht nur aus Neugier, wurde die Mutter und das Neugeborene von Verwandten und Nachbarinnen besucht und der Familie alles Gute gewünscht.

Natürlich ging man nicht mit leeren Händen hin, sondern nahm Kuchen mit. Die nächsten Anverwandten (de nerer Franjd) brachten sogar Hühnersuppe und Hühnerbraten mit. Alles schön verpackt ging man (meistens waren das die Frauen) dann zer äsätzan, die bis zur Taufe des Kindes nicht auf die Straße gehen durfte.

An diesen alten Brauch erinnerte sich Frieda Kramer im Februar dieses Jahres. In einem Henkeltopf hatte sie gute Hühnersuppe und in einem Korb Fleisch und Kuchen – so kam sie unsere Schwiegertochter Tanja und den kleinen Tim besuchen, um beiden alles Gute zu wünschen. Eine Anpassung an unsere heutigen Sitten und Bräuche war dann der Blumenstrauß, den sie Tanja überreichte.

Wir hoffen, dass Frieda noch oft die Möglichkeit hat, diesen Brauch weiter zu pflegen.

 

Katharina Wagner (Kathichen),

Nürnberg


 

Worterklärungen:

 

1) Vor Totensonntag stattfindende Veranstaltung, die ein Essen und das Probieren des neuen Weines beinhaltet.

2) Der viermal im Jahr abgelegte Rechenschaftsbericht der Jugend.

3) Der im Gärzustand befindliche Most ist…

4) Gebratenes Fleisch mit eingelegtem Sauerkraut

5) Most

6) Der aus Kelterrückständen gemachte Wein – Alltagswein

7) Ein ortsansässiger Formations- / Volkstanz

8) Bockspringen

9) Kathreinenball

10) Mit der Rute zum Schornstein herein

11) Goldfarbe

12) Mais zur Herstellung von Popcorn

13) Männlein aus getrockneten Pflaumen

14) Aus Lumpen hergestellte Puppen

15) Immergrün

16) Ein Teil vom Zuckmantler Ackerland (Tal in dem früher Hanf angebaut wurde).

17) Aus Maismehl gebackenes Brot

18) Pflaumenmarmelade

19) Garn gesponnen, Garn gefärbt und Röckchen und Hosen gewebt.

20) Sie waren steif, als wären sie gefroren.

21) Man schnitt sich das Unterhemd ab, das man getragen hatte, damit man für die Kinder etwas weichen Stoff hatte oder ein Unterhosenfußteil.

22) Umhängetuch ringsherum mit Fransen versehen

23) Vorstand der Frauen der jeweiligen Nachbarschaft

24) Nachbarschaften (in Zuckmantel gibt es 4 davon)

25) Die Frau des Pfarrers

26) Frau des Presbyters (Amt des Kirchenvorstandes)

27) Frau des Kurators (höchstes Kirchenamt)

28) Speck-Sachsen

29) Schweineschlachten

30) Schweineschlachter

31) Gestochen

32) Pflaumenschnaps mit getoastetem Brot oder Glühwein

33) Das Schwein wurde ins Herz gestochen und das Blut aufgefangen. Anschließend mit Stroh abgeflammt, in dem großen Holztrog in heißem Wasser gebadet und zerkleinert.

34) Holzkübel

35) Frisches Fleisch mit Maisbrei und Sauerkraut

36) Holzfleisch mit Knoblauch

37) Gedärme mit dem Messerrücken kratzend reinigen

38) Kochwurst

39) Leber, Lunge, Nieren und Herz

40) Flachkorb mit Stroh

41) Blutwurst

42) Blut, Schmelzfett (Schmeer) und eine Mischung aus Nelken, Allerlei, Zimt, Pfeffer, Salz und gekochtem Reis

43) Bratwurst

44) Knüppel (Holzstange)

45) Schweinskopf

46) Untere Halspartie des Schweinekopfes (durchwachsener Speck)

47) Meerrettichsuppe mit Fleisch (typisches Essen nach dem Schweineschlachten)

48) Sei bedankt

49) Ripple

50) Lende

51) Schweineschulter durchwachsen

52) Magere Oberschenkelpartie des Schweines

53) Mit Krautbrühe überbrüht

54) Vorratskammer

55) überbegriff – der gesamte Ablauf des Leuchtertbindens

56) Leuchtert

57) Mehrzahl von Pårt

58) Das Kind, das die Pårt hatte

59) Acker bzw. Hanglage im Westen von Zuckmantel (hinter der Mühle)

60) Ein in vier gespaltener Holzpfahl

61) Speck gebraten

62) (Nummer wurde nicht vergeben)

63) Flachkorb

64) Mittelstange, zwei Reifen, kleine Halbreifen, die senkrecht an der Mittelstange befestigt wurden, neunarmiger pyramidenförmiger Kerzenständer, der auf die Spitze des Leuchters aufgesetzt wurde.

65) Sieben Meter lange Wintergrüngirlande, die im Bogen hängend an den unteren Reifen des Leuchtert befestigt wurde.

66) Drei Reifen

67) Eltern, deren Kinder die Pårt hatte

68) Den Leuchtert binden

69) Rote, kirschenförmige Strauchfrucht

70) Hammer mit einem Loch in der Schlagfläche, das mit Schwefel von Streichhölzern gefüllt wurde und mit der am Stiel befestigten Schraube abgedichtet und auf einen Stein aufgeschlagen wurde.

71) Vesperläuten 2 Uhr nachmittags

72) Die Jungenpårt

73) Empore in der Kirche, wo die Burschen saßen

74) Empore in der Kirche, wo die Männer saßen

75) Mädchenleuchtert

76) Heiligabend

77) Sauerteig

78) Langer, halbrunder Holzkrug

79) Vom vorherigen Backen aufbewahrter Sauerteig

80) Hefe

81) Eingesiebt

82) Der Teig quoll auf

83) Geknetet

84) Gekochte Kartoffeln

85) Zusammengebundene Reisigbündel

86) Feste Holzstange zum Verteilen der Kohlen

87) Langstielige Holzhacke zum Herausziehen der Kohlen

88) Der Eingangsbereich des Backofens

89) Langstieliger aus Maisblättern gebundener Besen

90) Auf das große, flach umrandete Brett wurde der Holztrog ausgeleert, das Brot mit etwas Mehl geformt

91) Flache Holzschaufel, mit der das Brot hineingetan und herausgenommen wurde

92) Hineingeschoben

93) Brot

94) Gerückt

95) Halbrunder Kratzer zur Reinigung des Holztroges

96) Kleinbrot, das aus dem zusammengekratzten Teig geformt wurde

97) Zur Sauerteigaufbewahrung benötigte Tasse

98) Brotmesser

99) Mit dem Reibeisen glatt gerieben

100) Das Tuch, mit dem der Holztrog zugedeckt wurde

101) Brotregal

102) Stritzel

103) Flacher Grießkuchen

104) Flacher, mit Eiern und Rahm bestrichener Kuchen

105) Backofenboden

106) Gefülltes Kraut mit Schulterfleisch und Speck im vasenförmigen Tontopf

107) Schichtweise eingelegt

108) Im Dunkelwerden (in der Abenddämmerung)

109) Bursche

110) Bruderschaft

111) Den mit Fichten bewalteten Berg (Zuckmantels bekanntester Berg)

112) Angebranntes Holzstück

113) Die nächsten Verwandten

114) Das Läuten zur Verkündung Christi Geburt

115) Die Heilige Nacht

116) Das Ständchen bringen

117) Mit dem Schießhammer knallen

118) Dorfkapelle (Blaskapelle)

119) Marsch als Ausgangslied zum Abschluss des Gottesdienstes

120) Vor dem Pfarrhaus

121) Zu Besuch bei den Verwandten, um zu erzählen oder Karten zu spielen … aufgetischt

122) Stritzel, Grießkuchen und Wein

123) Schwesterschaft

124) Die Frauen saßen ringsherum und die Jugend tanzte

125) übriggebliebenes

126) Kameradenweise

127) Kränzchenweise

128) So wie man in die Spinnstube ging

129) Das ortsansässige Zigeunerquartett

130) Zweiglockengeläute

131) Siehe 70)

132) In Krautbrühe eingeweichtes Brot mit geräucherter Bratwurst, angebratenem Speck und Zwiebeln

133) Sülze

134) Neujahrsglückwunsch der Kinder

135) Ich wünsche Euch ein goldenes Tischlein, auf jedem Eck ein gebratenes Fischlein, in der Mitte eine Flasche Wein, mit dem sollt Ihr lustig sein.

136) Treppenaufgang

137) Getrocknete Pflaumen

138) Nüsse

139) Getrocknete Apfelstücke

140) Kekse

141) Ein bisschen Geld

142) Von der Kirchenverwaltung bestimmter Vorstand der Schwesterschaft

143) Von der Kirchenverwaltung bestimmter Vorstand der Bruderschaft

144) Schwestern

145) Die „Altmaid“ – nach dem Vorstand der Schwesterschaft das höchste Amt

146) Die „Jungaltmaid“ – die Gehilfin der „Altmaid“

147) Aufsichterin

148) Geiger

149) Maid

150) Liebe Schwestern, zu Ehren sollt Ihr bestimmt sein. Ihr sollt wissen, wer Euch vorhanden ist – vorhanden ist Euch unser lieber Vorstand und „Altmaid“. Die haben Euch nur deswegen zusammenrufen lassen, wenn eine Schwester von der anderen etwas weiß, soll sie es jetzt zu erkennen geben, schweigt sie aber jetzt still, soll sie auch weiterhin stillschweigen, sonst wird nicht diejenige bestraft, die sträflich ist, sondern diejenige, die eins und das andere angibt. Ohne Erlaubnis soll niemand sprechen, unerlaubt soll niemand von seinem Platz aufstehen! Merkt Euch dieses Wort!

151) Schwersterschaftstruhe

152) „Aufforderer“ (forderte die Mädchen zum Tanz auf und führte sie den Burschen zu)

153) Amt der Bruderschaft; er hatte für die Bestuhlung und die Ordnung zu sorgen.

154) Kellner

155) Das grüne Jahr tragen

156) „Altbursch“ und die „Altmaid“ zum Herrn Pfarrer

157) Der „Jungaltbursch“ mit der „Jungaltmaid“ zum Bürgermeister

158) Der Aufsichter mit der Aufsichterin zum Notar

159) Der „Aufforderer“ mit der älteren „Maid“ zum Kurator

160) Der „Ehrenbursche“ mit einer älteren „Maid“ zum Rektor

161) Der Kellner mit einer älteren „Maid“ zur Lehrerin

162) Ein glückliches Neues Jahr, wir bringen das grüne Jahr

163) Zu Neujahr kein Hühnerfleisch – die Hühner verscharren es (das Glück), sondern Schweinefleisch, am besten Schweineschnauze, weil das Schwein zusammenschiebt.

164) Vom Neujahrstag bis Heilige Drei Könige sollte man keine Bohnen essen, man bekäme sonst eitrige Geschwüre.

165) Bratwurst mit eingelegtem Sauerkraut und frischem Brot